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Juliane Wurm

Blog

Willkommen auf meinem Blog :-)

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  • julewurm9
  • 11. Dez. 2020

Becoming good in climbing had felt so natural. Whenever I was on the climbing wall, it felt exactly right.


When I finished my comp climbing career I had been three years into med school. Ready to find my new passion, to give it my everything, to become extremely good at something else but climbing, to become respected, successful, accepted, loved AND to give something back, to do something super meaningful. My search of my second hidden talent had begun. I tried out many different things in med school - from pediatrics in Paris to neuroscience research at Harvard. Wherever I went, I couldn´t help comparing how I felt, to how I felt when I was climbing. I saw the glow in the eyes of fellow med students and felt bad for not feeling it. For not being born with the aura, the strive, the will of a doctor to help patients, to heal, to be part of the hospital system, to be proud to be a part of it, to return something for having had the privilege to study medicine.


Becoming good in climbing had been so easy. Or at least I never had much doubt about the fact that I was climbing most of the time. Certainly a lot of training was involved and a lot of time invested, but it never felt like I´d be sacrificing anything. It just felt so natural, so intuitive, so perfect. Over the last years I was painstakingly searching for this feeling inside the medical world. This summer I started my first real job, this fall I quit my first real job. Lots of chocolate, wine, tears and friend support involved (thanks a lot!). In the meanwhile I´ve somehow, somewhere lost my inner urge to find a passion that would replace climbing. It might seem so normal and obvious to anyone else, to just take it slow and see, but it took me a while to truly understand that. Some weeks ago I started a job in the public health sector and an online master in PH. I´m feeling a little proud and bold to have stepped away from a traditional doctor´s career (at least for now), the obvious path that wouldn´t have left many questions open. I still don´t know where to find a new, meaningful passion that could be my job, nor if it´s actually necessary to search or find that. And for the first time I´m even enjoying the uncertainty.


Vor einigen Jahren gab es einen Moment, an dem ich es wahnsinnig absurd fand, dass sich zu diesem Zeitpunkt in der Boulderhalle mehr Leute aufhielten, die ich noch nie dort gesehen hatte, als Leute, die ich vom Sehen kannte. Heute erscheint es mir absurd, dass ich mich mal darüber mal gewundert habe.

Als ich (vor 20 Jahren) mit dem Klettern begonnen habe, trafen sich in Kletterhallen ältere Leute, die sich dem Bergsport verbunden fühlten, und Aussteiger. Man kannte immer jeden. Mittendrin trainierte ich als Mitglied einer Kindergruppe und entdeckte meine Liebe zu dem Sport, der mein Leben bis heute prägt. Der Boulderbereich der Kletterhalle, in der ich aufwuchs, war so groß wie ein kleines Wohnzimmer. Er bestand aus zwei Mini-Wänden und einem Matten-Chaos auf dem Boden. Für uns Kinder war es der Rückzugsort, an dem wir Unsinn machen konnten ohne, dass die Erwachsenen ein Auge auf uns hatten. Hier konnte man nichts falsch machen, keinen Anschiss für einen nicht zugeschraubten Karabiner kassieren. Ich habe das Bouldern geliebt. Extra geschraubte Boulder gab es nicht. Es waren wahllos Griffe in die Wand geschraubt, deren Anordnung alle paar Jahre geändert wurde. Dort haben wir Judo-Kämpfe auf den Matten ausgetragen, sind auf die Wand geklettert und haben im Staub Botschaften hinterlassen. Gelegentlich haben wir uns wilde Sprünge an der Wand definiert. Wenn ich in der Schule erzählt habe, dass ich klettere, hat glaube ich niemand so richtig verstanden, was ich da mache.

Inzwischen weiß jeder, also wirklich jeder, was Bouldern ist. Zumindest jeder in meinem Alter. Das war es mit dem Exotenstatus. Von den ehemaligen Kommiliton*innen, denen ich vor einigen Jahren, zu Beginn des Studiums umständlich versucht habe zu erklären, was Bouldern ist, bekomme ich heute erklärt, was die beste Boulderhalle in welcher Stadt ist und warum. Wurde ich vor wenigen Jahren, außerhalb der Kletterwelt, noch für mein ständiges Tragen von Daunen- und Regenjacken belächelt, bekomme ich heute Komplimente für diese Klamotten, die mir gestern noch peinlich waren, an denen ich aber aus Faulheit und Desinteresse nichts ändern konnte.

Boulderhallenbesitzer*innen sind heute nicht mehr die Kletter*innen, die nicht wissen wohin mit ihrem Leben, oder es verschwitzt haben eine Ausbildung zu machen und stattdessen bis sie Mitte 30 waren unter irgendwelchen Felsen saßen, sondern sie sind erfolgreiche Geschäftsmänner- und Frauen, die im Tesla vorfahren (nicht alle – schon klar). Sie haben es auf wundersame Art und Weise geschafft, das Bouldern einer großen Allgemeinheit zugänglich zu machen. Die Franchise-Boulderhalle ist kein Novum mehr, Boulderhallen sind gleichzeitig Café, Biergarten, Dating-Arena, Acroyoga-Studio, Parkourhalle, Fitnessstudio,...

Schrauber*innen, die potheads von gestern, gelten heute als die Künstler*innen des Sports. In jeder Boulderhalle gibt es hierarchische Schrauber*innen-Strukturen bestehend aus Chefschrauber*innen, normalen Schrauber*innen, Schrauberassistent*innen, Griffe-Rausschrauber*innen und Griffeputzer*innen. Als Schrauber*in verdient man so viel wie ich an einem Tag im Krankenhaus, für viele der bestbezahlte Student*innenjob der Welt also. Sie sind die Held*innen der Kletterhalle und Freigeister der Szene.

Selbst zur Unterhaltung außerhalb der Boulderhalle gibt es unzählige Boulderbücher, Bouldervideos, Boulderpodcasts, Boulderläden für jeden und überall.

Aber warum fucking Bouldern?

Natürlich ist das Bouldern im Großen und Ganzen eine außerordentlich wohltuende und zugleich faszinierende Aktivität. Es ist nicht zu anstrengend, aber gerade so anstrengend, dass man sagen kann, man hat Sport gemacht. Es ist ein bisschen komplex, aber gerade noch so einfach, dass man nach einem langen Tag nicht in intellektuelle Überforderung gerät. Es sieht ein bisschen krass und gefährlich aus, eignet sich für tolle Instagram-Fotos, aber was wirklich Schlimmes passieren kann eigentlich nicht. Man strengt alle Muskeln ein bisschen an, Fitnessstudio kann man sich praktischerweise sparen, hat eh nie so Bock gemacht. Und, was mich persönlich seit dem Verfall meiner sportlichen Ambitionen häufig in die Boulderhalle führt, ist dass ich mich ein bisschen bewege und dabei quatschen kann. Quasi wie, sich im Café treffen und gleichzeitig Sport machen. Und das Allerbeste ist natürlich, dass man irgendwann mit dem #van nach Bleau fahren und am Fels bouldern kann.

Vielleicht ist es aber auch einfach in 10 Jahren wieder total out...

  • julewurm9
  • 1. Nov. 2020

Es gibt Erinnerungen, über die will ich nicht zu häufig nachdenken aus Angst, dass sie sich abnutzen. Gleichzeitig habe ich Angst Details zu vergessen. Lange dachte ich, es sei die süßeste Erinnerung meines Lebens. Vielleicht denke ich das immer noch.


Ich habe viel trainiert und versucht es so schlau wie möglich anzugehen. Das Rationale liegt mir häufig nicht so. Ruhetage fallen mir schwer, am liebsten würde ich immer und den ganzen Tag an meinen Schwächen trainieren. Ich habe nie das Gefühl genug trainiert zu haben. Nie. Der Wettkampf naht, es scheint als wäre alles optimiert. Ich versuche mir das einzureden und mein Umfeld davon zu überzeugen, ohne zu hohe Erwartungen aufzubauen. Ich schwanke zwischen Optimierungsdrang und bin gleichzeitig überzeugt davon, dass Lockerheit der Schlüssel zum Erfolg ist. Der Wettkampf geht los. Mein Freund und ich schlafen in getrennten Hotel-Zimmern, ich nehme Baldrian-Pastillen vorm Einschlafen, mache Yoga nach dem Aufstehen, frühstücke ein Nutella-Croissant um ein bisschen Lockerheit einzustreuen. Ein bisschen will ich das auch nach außen zeigen, dass mir das alles nicht so wichtig ist.


Die Vorrunden ziehen an mir vorrüber, ich sitze im Team-Bus zurück zum Hotel nach dem Halbfinale. Ich bin als Erste für das Finale qualifiziert. In meinem Kopf hämmert eine Statistik, dass Erstqualifizierte im Finale nie gewinnen. Zweite oder Dritte wäre ja auch gut, denke ich mir. Und überhaupt geht es ja gar nicht ums Ergebnis, es ist doch schön überhaupt hier zu sein, rede ich mir ein. Was für ein Unsinn. Ich frag mich, ob das irgendwer glaubt. Letzte Nacht habe ich 3 Stunden geschlafen. Einschlafen ging nicht, Baldrian ist Quatsch, war ja klar. Ich tue so als würde ich Mittagsschlaf machen und esse irgendwas super Gesundes zu Mittag. Das kommt mir alles sehr professionell von mir vor. Ich habe das Gefühl inzwischen ein bisschen diese Sportler-Professionalität auszustrahlen. Hab das Gefühl, die Leute nehmen mir das ab. Das fühlt sich irgendwie gut an. Wir fahren zurück zum Wettkampf. Ich fülle meine Zuckerspeicher mit einer Banane auf, führe eine heitere Unterhaltung mit meinem Trainer. Ich stehe wahnsinnig unter Druck. Alle anderen auch. Fertig warm gemacht. Ich will mich beim Warmmachen nicht vergleichen, aber irgendwie will ich es doch. Solange ich besser bin.


Wir hören vom Aufwärmbereich wie der Sprecher das Publikum in der Ferne anheizt. Mein Oma war zum Halbfinale da. Wir haben uns schon ewig nicht gesehen. Wir haben uns verabschiedet, sie war zu k.o., um zum Finale zu bleiben. Ich hoffe trotzdem, dass sie noch da ist, auch wenn ich es für unwahrscheinlich halte.

Wir bekommen mitgeteilt, dass das Finale jetzt losgeht. Laufen einen abgesperrten Gang vom Aufwärmbereich zum Wettkampf entlang. Der Sprecher wird lauter, das Publikum auch, irgendeine Verlosung. Ich fühle mich wie von Watte ummantelt. Zwischen der Absperrung sind kleine Löcher, ziemlich viel Publikum zu sehen. Ich bin unendlich aufgeregt, traue mich nicht mir vorzustellen, wie es wäre Weltmeisterin zu werden. Denke mir, ich bin ja nicht die einzige, die das hier will. Vielleicht ist meine Oma ja doch noch geblieben. Die Sonne geht unter, wir sitzen hinter der Wand, gucken auf eine Kirmes mit Riesenrad und ein menschenleeres Leichtathletikstadion. Bevor ich auf die Matte gehe, als der Sprecher meinen Namen krakeelt, fürchte ich, gleich in Ohnmacht fallen. Meine Beine fühlen sich wabbelig an. Ich weiß auf einmal nicht mehr wie man über eine Matte läuft. Wird sich hoffentlich gleich ergeben.


Ich klettere den ersten Boulder hoch, bin überrascht, dass es so schnell ging. Der zweite liegt mir nicht. Ich versuche mir das nicht einzureden. Think positive und so. Was hat die Sportpsychologin nochmal gesagt? Das hilft jetzt sowieso alles nicht. Das ist jetzt alles ganz anders. Ich klettere im ersten Versuch hoch, kann es nicht glauben. Wie ist das denn jetzt passiert? Ok, scheiße, jetzt kann ich Weltmeisterin werden. Fuck. Den nächsten Boulder schafft niemand. Ich stehe hinter der Wand. Nur noch ein Boulder. Auf einmal fällt mir auf wie platt meine Arme sind. Ich frage mich, warum mir das erst jetzt auffällt. Und warum gerade jetzt. Zu platt. Mist. Mein Freund und ich stehen hinter der Wand. Ich bin verzweifelt. Er sagt irgendwas. Wir sind die letzten Starter. Erfolgsverwöhnt durch die Saison stolziert. Können beide gewinnen. Haben beide ein paar Versuche. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass wir beide gewinnen, sage es aber nicht. Er wird sich das wohl auch denken. Es ist inzwischen dunkel, das Riesenrad leuchtet vor uns die Menge tobt hinter uns. Der letzte Boulder liegt mir, aber ich stand noch nie in meinem Leben unter so viel Druck. Ich frage mich wieder, was passiert wenn ich in Ohnmacht falle.


Es geht los. Ich mache Versuch um Versuch, viele habe ich glaube ich nicht mehr. Die Zeit rinnt davon, ich habe das Gefühl alles zieht an mir vorbei. Ich bin zu hibbelig. Plötzlich habe ich die schwere Stelle geschafft, weiß nicht wie, eiere mich durch den Rest des Boulders, gucke den Topgriff an. In mir spielen sich 1000 Szenarien gleichzeitig ab, wie ich an dem größten Henkel der Welt daneben greife. Konzentrier‘ dich, nur nicht daneben greifen, nicht negativ denken, think positive und so, plötzlich hab ich den Griff in der Hand – Weltmeisterin. Holy shit! Alles bricht in mir zusammen und gleichzeitig ist alles krass klar. Ich sitze auf der Matte und kann es nicht glauben. Will lachen und weinen. Ich gucke in die Gesichter der Zuschauer, freue mich über jeden Einzelnen, würde gerne alle umarmen, und gleichzeitig wäre ich jetzt auch gerne allein. Mein Freund schafft es nicht. Danach passiert alles Mögliche. Meine Erinnerung ist wie ein Daumenkino, Umarmungen, Glückwünsche, Sekt, Siegerehrung, Dopingkontrolle, Tanzen, Feiern, Bier, noch mehr Sekt, Tanzen, Hotelbett. Morgen fahre ich mit meiner besten Freundin zum Surfen nach Südfrankreich. Meine sportlichen Ambitionen sind an diesem Tag in ein schwarzes Loch gefallen. Aber ich war kurz der glücklichste Mensch der Welt.

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